Als Bundesumweltminister Sigmar Gabriel heute zu einem Informationsbesuch zum Stadtmarketing in Osterode war, ging es schnell um den Denkmalschutz. Die Innenstadt profitiert von ihren alten Fachwerkhäusern als Anziehungspunkt. Doch für die Eigentümer wird es zunehmend zum Problem, wenn die Gebäude unter Denkmalschutz gestellt werden. Jede bauliche Veränderung werde zu einem finanziellen Risiko, sagte Bürgermeister Klaus Becker, weil plötzlich hohe Kosten durch Denkmalschutz-Auflagen anfallen können.

Bei einem Rundgang durch die Innenstadt zeigten Becker und Landrat Bernhard Reuter an schönen Beispielen, wie man die Stadt vermarkten kann. Daneben gar es aber auch die negativen Beispiele: leerstehende Geschäfte, leere Wohnungen. Unglaublich war für Gabriel, dass Aldi Geschäftsräume lieber leerstehen lässt, als für eine neue Verpachtung herzurichten. Und am ältesten Haus der Innenstadt wurde deutlich, dass es zwar relativ einfach ist, die Fassade eines Gebäudes zu erhalten. Wenn es aber darum geht, die Räume hinter der Fassade auch nach denkmalschutzgerechten Kriterien zu restaurieren, dann wird es schwierig, die Häuser nach heutigen Wohnansprüchen zu gestalten. „Wir brauchen Fördermittel für Familien, die in der Innenstadt ein gebrauchtes Haus kaufen, anstatt in einem Neubaugebiet ein neues erstellen zu lassen“, sagte der Bürgermeister. Gerade angesichts des demografischen Wandels sei es wichtig, junge Familien und ältere Menschen zum Wohnen in die Innenstadt zu bewegen. Das mache eine Stadt attraktiv. Aber dieses müsse diesen Bevölkerungsschichten auch schmackhaft gemacht werden. Wenn der Eingang eines Hauses, wie in Osterode üblich, drei Stufen habe, dies aber nicht verändert werden dürfe, hätten ältere Menschen Probleme, hier zu wohnen. Auch sei eine Wärmedämmung bei einem denkmalgeschützten Fachwerkhaus kaum zu realisieren, wenn man von den Fenstern absieht, die die Denkmalbehörde auch noch aussucht. Sigmar Gabriel wies darauf hin, dass er das Denkmalschutzgesetz selbst geändert habe. Dabei sei es darum gegangen, die Entscheidungskompetenz weg von der oberen Denkmalschutzbehörde zur unteren – also dem Landkreis – zu verschieben, um Entscheidungen vor Ort treffen zu können. Die obere Denkmalschutzbehörde sei nur noch für überregional bedeutsame Denkmale zuständig. Wenn die Denkmalschutzbehörde jetzt aber zu eng auslege, dann sollte der Kreistag doch mal eine Entscheidung an sich ziehen und die Richtung vorgeben, schlug er vor. Als Beispiel solcher Entscheidungen nannte er die Frage, ob auf einem denkmalgeschützten Haus Solarzellen installiert werden dürfen. Erika Mann, Europaabgeordnete der SPD, schlug vor, die Fragen einmal mit Vertretern europäischer Nachbarn etwa aus Dänemark oder Belgien zu erörtern, die viel flexibler mit den Bestimmungen umgingen, aber den Denkmalschutz in ihren kleineren Städten auch erfolgreich umsetzten. Bernhard Reuter schlug vor, das Gesetz so zu ändern, dass nicht erst beim Bauantrag geprüft werde, ob ein Gebäude unter Denkmalschutz zu stellen sei, sondern das vorher klären zu lassen. Außerdem schlug er vor, den Fassadenschutz als „Denkmalschutz light“ einzuführen. Denn wenn jemand aus Kostengründen schon nicht ein ganzes Haus denkmalschutzwürdig ausbauen könne, dann sollte er die Möglichkeit haben, wenigstens die Fassade zu erhalten, bevor das ganze Haus zerfalle. Und jedem Investor riet er, so schnell wie möglich das Gespräch mit dem Landkreis und ihm als Landrat zu suchen, wenn es Probleme mit dem Denkmalschutz gebe. „Bisher haben wir immer noch eine Lösung gefunden, ohne den Denkmalschutz auszuhöhlen“, sagte er.