Die Finanzmarktkrise, die EU und die SPD
Einen politischen Rundumschlag beginnend bei der Finanzmarktkrise, der Fortentwicklung der EU und des Euro lieferte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion und Göttinger SPD-MdB Thomas Oppermann am Mittwoch im Foyer der Stadthalle. Flankiert von lokalen Fragen und einer Analyse des lokalen Wahlkampfes durch Bürgermeister und Bürgermeisterkandidat Klaus Becker wurden die Besucher der Veranstaltung auf den allerneuesten Stand gebracht.
Nachdem der Ortsvereinsvorsitzende Peter Wendlandt sich bei der Begrüßung erneut klar zu einer Fortsetzung der erfolgreichen Zusammenarbeit der SPD-Ratsfraktion mit Klaus Becker bekannt hatte, nutzte dieser die Gelegenheit, auf den aktuellen Wahlkampf einzugehen. Viele Veranstaltungen tragen zum Wahlkampf bei, darunter der Jungwählerbrief und Videostatements auf der SPD-Homepage und in Facebook. Auch werde der Wahlkampf mit lokalen Themen und Personen geführt, was man an den Plakaten sieht, die statt allgemeiner Wahlwerbung mit Landespolitikern wirklich die realen Kandidaten vor Ort zeigen. "Wir arbeiten für Osterode" ist die Aussage dieser Wahlwerbung. Becker warnte davor, sich angesichts des desolaten Zustands einzelner Parteien vor Ort zu sicher zu fühlen und die Wahl bereits gewonnen zu glauben. Es komme jetzt ganz stark darauf an, die Bürgerinnen und Bürger zu motivieren, tatsächlich zur Wahl zu gehen und dann auch SPD zu wählen.
Mit der Frage nach der Kürzungen Bundes im Bereich u.a. der Dorferneuerungsförderung und der Sorge um das Versiegen weiteren ehrenamtlichen Engagements sowie einer zweiten Frage nach der geplanten weiteren Kürzung der Eingliederungsmittel in den Arbeitsmarkt wurde Thomas Oppermann bereits vor seiner Rede konfrontiert.
Zunächst ging er aber kurz auf seine eigene Beziehung zu Osterode ein, die mit dem Referendariat beim Amtsgericht Osterode und einer Tätigkeit beim Landkreis Osterode begann. Seitdem sei Osterode und der Harz sein Naherholungsgebiet. "Diese Region ist faszinierend", auch wenn es besonders im Westharz enormen Nachholbedarf gebe. Trotzdem habe er das Gefühl, dass sich etwas bewegt. Mit Blick auf den parteilosen Betriebswirt und Bürgermeisterkandidaten Klaus Becker, sprach er sich für mehr personellen Austausch zwischen Verwaltung und Wirtschaft aus und fand, der Mut der Osteroder SPD, ihn aufzustellen, wurde belohnt.
Der Bundesregierung attestierte Oppermann, sie lasse keine klare Linie in ihrer Politik erkennen und verwechsle Gemeinwohl mit der Befriedung von Einzelinteressen. Er forderte, das Primat der Politik wiederherzustellen und nicht von den Märkten bestimmen zu lassen, wo es langgeht. Die Finanzmärkte müssen an den Kosten der Krise beteiligt werden und dazu forderte Oppermann die Einführung der Finanztransaktionssteuer. "Die Finanzindustrie muss der Wirtschaft und den Menschen dienen und nicht umgekehrt", so Oppermann. Er forderte eine europäische Wirtschaftsregierung: "Wenn wir in 20 Jahren aus der europäischen Union keinen Bundesstaat gemacht haben, werden wir auf dem Weltmarkt nicht bestehen". Dazu gehört für Oppermann die Einführung von Eurobonds für Teile der Staatsschulden, ein verbindliches Abtreten von Haushaltssouveränität an die EU, eine Schuldenbremse in der Verfassung aller EU-Staaten und ein Wachstumsprogramm für schwächere Regionen. Zu diesen zählt er auch Südniedersachsen und auf die Eingangsfrage eingehend gehört dazu auch Dorferneuerung.
Wenn die SPD nach der nächsten Bundestagswahl an die Regierung kommen sollte, wolle man sich auf wichtige Kernpunkte konzentrieren und die Ansprüche an die Wirklichkeiten anpassen. Zu den Kernpunkten gehört eine Konzentration auf die Bildung und eine Entlastung der unteren Einkommen durch Senkung der Sozialabgaben. Für weitere Entlastungen sah er keinen finanziellen Spielraum und forderte eine stärkere Beteiligung der Starken an der Finanzierung des Staates. Daher werde eine SPD-Regierung den Spitzensteuersatz wieder auf 49% erhöhen, was immer noch unter dem Satz der Regierung Kohl liege.
Die Kürzung der Mittel für die Eingliederung in den Arbeitsmarkt nannte Oppermann kontraproduktiv - auch weil sie den Fachkräftemangel weiter verschlimmere. Eine klare Absage erteilte er an eine Koalition mit den Linken, mit denen man allenfalls auf Landesebene in den neuen Bundesländern arbeiten könne, keinesfalls aber im Bund.
Auf eine weitere Nachfrage zur Bildungspolitik forderte Oppermann eine Grundgesetzänderung, um Kompetenzen von den Ländern auf den Bund zu verlagern und so gemeinsame Standards in allen Bundesländern zu erreichen.
Der Lerbacher Ortsbürgermeister Frank Koch nahm dann dem Ortsvereinsvorsitzenden das Schlusswort fast vorweg, indem er konstatierte, dass das Erscheinungsbild der Bundes-SPD im Moment auch förderlich für den Wahlkampf vor Ort sei.