Der Vorsitzende des SPD-Unterbezirks Osterode, Karl Heinz Hausmann, hat am Montagabend in der Stadthalle die Osteroder SPD-Genossinnen und -Genossen sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger über den Stand der Gespräche in Sachen Kreisfusion informiert. Rund 70 Personen waren der kurzfristig ausgesprochenen Einladung gefolgt.

Hausmann führte aus, dass die Sondierungsgespräche beendet seien und man nun wesentliche Knackpunkte verhandeln wolle. Die SPD-Kreistagsfraktion hatte dazu nur kurz vor der Infoveranstaltung den Beschluss gefasst, sowohl mit Goslar als auch mit Northeim/Göttingen zu verhandeln. Für diese Verhandlungen sollen KO-Kriterien formuliert werden, die Minimalanforderungen an das Verhandlungsergebnis aus Osteroder Sicht festschreiben. Hier will Hausmann aber auch keine unüberwindlichen Hürden aufbauen, sondern realistisch bleiben.

Wesentliche Triebfeder für die Fusionsgespräche sind die Finanzen der Landkreise. Diese haben sich in den letzten Jahren trotz sprudelnder Steuereinnahmen erheblich verschlechtert. Zusammen mit dem für Osterode bis 2030 prognostizierten über 20%-igen Rückgang der Einwohnerzahl ergibt sich eine Gesamtkonstellation, die die Leistungsfähigkeit z.B. im Bereich der Investitionen in öffentliche Einrichtungen und Bildung erheblich einschränkt. Die Schulden (die zur Erfüllung der gesetzlichen Pflichtaufgaben aufgenommen werden müssen) und die daraus resultierenden Zinsbelastungen schnüren den Kreisen trotz historisch niedrigem Zinsniveau die Luft ab.

Für den Landkreis Osterode ergibt sich unter dem Strich sogar eine negative Nettoposition. Die Nettoposition erhält man, wenn man vom Vermögen des Landkreises die Schulden abzieht. Für einen Gewerbebetrieb würde diese Situation die Insolvenz bedeuten.

Um Schulden abzubauen, hat der Landkreis Osterode bereits seine eigenen Konsolidierungsmöglichkeiten ausgeschöpft. Im Rahmen des Zukunftsvertrages zwischen dem Land Niedersachsen und den kommunalen Spitzenverbänden hofft man im Landkreis nun auf Übernahme von 75% der Kassenkredite, was 39,1 Mio. Euro ausmachen würde. Diese Übernahme gewährt das Land dem Landkreis aber nicht ohne Fusion, auch weil die Nettoposition danach weiterhin negativ bliebe.

Der Landkreis Goslar hat bereits eine Eigenentschuldung nach dem Zukunftsvertrag gemacht und baut - befreit von Großteilen der bisherigen Zinszahlungen - derzeit Restschulden ab. Allerdings würde nach einer Fusion mit Osterode und der 39,1 Mio.-Finanzspritze aus Hannover die Nettoposition des fusionierten Landkreises weiterhin negativ ausfallen.

Etwas anders sähe die Situation bei einer Fusion mit Northeim/Göttingen aus: die 75%-Regel würde dann auf die Kassenkredite der drei Landkreise zusammen angewandt und es könnte eine Summe von bis zu 107 Mio. Euro für den fusionierten Landkreis zusammenkommen. Die Nettoposition dieses Zusammenschlusses wäre positiv. Diese Finanzsituation könnte sich über eine niedrigere Kreisumlage auch positiv auf die Städte und Gemeinden im dann ehemaligen Landkreis Osterode auswirken. Der Landkreis Osterode ist dabei eine umworbene Braut, weil die Landkreise Northeim und Göttingen allein keinen Anspruch auf die Landeshilfe hätten.

Karl Heinz Hausmann referierte neben den Finanzen weitere Punkte, die für eine Entscheidung in die eine oder andere Richtung von Bedeutung sein könnten:
Im politischen Bereich sind dies die stärkeren Verflechtungen von Osterode mit Göttingen als mit Goslar. Problematisch bei einer Südniedersachsenlösung wären die bereits heute schwierigen Finanzbeziehungen zwischen der Stadt und dem Landkreis Göttingen. Die Stadt Göttingen erhält vom Landkreis einen finanziellen Ausgleich für Leistungen, die die Stadt in ihrem Gebiet anstelle des Landkreises erbringt. Auch muss noch geklärt werden, ob die Konsolidierungsbemühungen in Göttingen und Northeim für eine Landeshilfe in voller Höhe ausreichen oder am Ende eine niedrigere Summe ausgezahlt wird.

Für Goslar würde wiederum eine Stärkung des Westharzes sprechen. Allerdings würde sich dies vorrangig auf den Tourismus beziehen, der nur ca. 5% des Sozialprodukts ausmacht und somit wirtschaftlich eine untergeordnete Rolle spielt. Goslar müsste zudem seine Verbindungen in Richtung Braunschweig lösen, denn in Osterode kann man sich nicht vorstellen, dass regionale Entscheidungen in Braunschweig getroffen werden.

Was den Verwaltungsstandort Osterode angeht, so würde Osterode bei einer Südfusion vermutlich eine Verwaltungsaußenstelle mit einer Querschnittsaufgabe für den Gesamtkreis werden. Im Falle einer Fusion mit Goslar würde man von einem richtigen Verwaltungsstandort sprechen - mehr als nur eine Außenstelle.

Im Bereich der Bildung gibt es bereits erprobte Kooperationen mit Northeim und Göttingen im Bereich der berufsbildenden Schulen, die - wie sich im Laufe der Diskussion herausstellte - durchaus auf Augenhöhe laufen. Hier besteht besonderer Handlungsbedarf, da sich der demografische Wandel bei den jungen Erwachsenen besonders stark auswirkt - man erwartet in den nächsten 20 Jahren Rückgänge von etwa 40% in dieser Altersgruppe. Bei einer Fusion mit Goslar dürfte Osterode sogar auf zusätzliche Schüler aus Clausthal oder Seesen hoffen.

Die Verhandlungen über die Knackpunkte einer möglichen Fusion sollen im August oder September abgeschlossen sein. Danach erst will die SPD-Kreistagsfraktion einen endgültigen Beschluss fassen, mit welcher Seite die Fusion zu Ende verhandelt werden soll. Die Zeit drängt dabei, da der Zukunftsvertrag bis zum 31. März 2013 befristet ist und bis dahin alle beteiligten Kreistage gleichlautende Fusionsbeschlüsse gefasst haben müssen.

Peter Wendlandt
Der Ortsvereinsvorsitzende Peter Wendlandt wünschte sich in seiner Begrüßung, dass sich die Kreistagsfraktion nicht verrückt machen lasse und am Ende eine Sachentscheidung treffe
Blick ins Auditorium
Das Foyer der Stadthalle war gut besucht.
Folienauszug
Ein Ausschnitt aus einer Folie Karl Heinz Hausmanns...